2024-09-27
🚗 Autoindustrie in der Krise – Zulieferer unter Druck
Die deutsche Automobilindustrie steht 2024 vor großen Umbrüchen. Besonders für Zulieferer wie J.G. Weisser Söhne und WKW Automotive sind die Zeiten extrem hart. WKW, ein Hersteller von Zierleisten und Funktionsbauteilen für Marken wie Mercedes und Volkswagen, musste Insolvenz anmelden. Rund 3.800 Mitarbeiter sind betroffen, und hohe Investitionen, gepaart mit steigenden Rohstoffpreisen und dem Chipmangel, trieben das Unternehmen in die Krise. Der Insolvenzverwalter Joachim Exner, ein erfahrener Restrukturierungsexperte in der Automobilbranche, leitet nun die Sanierungsversuche.
Auch J.G. Weisser Söhne, ein traditionsreicher Hersteller von hochpräzisen Drehmaschinen, sieht sich gezwungen, Insolvenz in Eigenverwaltung zu beantragen. Die finanzielle Schieflage resultierte aus der Insolvenz der US-amerikanischen Hardinge Group, die das Unternehmen 2021 übernommen hatte. Trotz der Schwierigkeiten laufen die Sanierungsbemühungen auf Hochtouren, und die Suche nach einem Investor steht im Vordergrund.
Während große Automobilhersteller wie Volkswagen und Mercedes ihre Umsätze halten konnten, leiden viele kleine und mittelständische Zulieferer enorm unter den wirtschaftlichen Belastungen. Patrick Ludwig Hantzsch von Creditreform prognostiziert, dass die Zahl der Insolvenzen in der Automobilbranche in den kommenden Monaten weiter ansteigen wird, insbesondere im Bereich der Zulieferer. Kleinere Zulieferer haben oft nicht die finanziellen Mittel, um die Transformation zur Elektromobilität zu stemmen, und kämpfen mit hohen Energiekosten sowie erschwerten Finanzierungsbedingungen. Experten kritisieren zudem, dass die Umstellung auf E-Mobilität zu schnell erfolgt und dass Bürokratie die Branche zusätzlich belastet. 📉
🏢 Immobiliensektor unter Druck – Restrukturierung als Rettungsanker
Der Immobilienmarkt bleibt ein weiterer Krisenherd. Der insolvente Signa-Konzern, gegründet von René Benko, steht mit Forderungen von Gläubigern in Höhe von 2,4 Milliarden Euro massiv unter Druck. Um die Gläubiger zumindest teilweise zu bedienen, plant der Insolvenzverwalter den Verkauf von Benkos Vermögenswerten, darunter Luxusgüter wie Uhren, ein Sportboot und ein Jetski. Weitere Vermögenswerte, darunter Markenrechte und Immobilienprojekte wie die Alte Akademie in München, sollen ebenfalls veräußert werden.
Ein Lichtblick in der Branche ist die Beauftragung von RQI RE Structuring Solutions mit dem Asset-Management für neun nicht insolvente Immobilien der Signa-Gruppe. Zu den bedeutendsten Objekten gehören das Berliner Hochhaus Upper West und das Bürogebäude Bremsenwerk. Nico Rottke, CEO von RQI, bezeichnet dies als einen Meilenstein in der Restrukturierungsberatung. Das Portfolio umfasst eine Mietfläche von insgesamt 190.000 qm, und RQI übernimmt nicht nur kaufmännische Prozesse, sondern auch die Steuerung des Verkaufsprozesses, insbesondere für das Upper West. 🏙️
Auch im Bausektor bleiben die Herausforderungen groß. Der Baukonzern Baywa, Deutschlands größter Agrar- und Baustoffhändler, steht vor einer umfassenden Restrukturierung. Das Sanierungsgutachten von Roland Berger fordert den Verkauf von Unternehmensteilen sowie umfangreiche Einsparmaßnahmen. Besonders betroffen ist die Erneuerbare-Energien-Tochter Baywa r.e., die das Unternehmen zusätzlich belastet, da steigende Zinsen den Verkauf von Wind- und Solarprojekten erschweren. Der Aktienkurs des Unternehmens zeigt den fehlenden Optimismus der Investoren. Chief Restructuring Officer Michael Baur arbeitet intensiv an einem Plan, um Baywa wieder auf Kurs zu bringen.
Ein weiteres Unternehmen, das in dieser Woche Schlagzeilen machte, ist die Co-Filling Services GmbH aus Halstenbek bei Hamburg. Trotz eines Insolvenzantrags aufgrund von Liquiditätsproblemen gibt es Hoffnung: Der Geschäftsbetrieb läuft weiter, und das Unternehmen, spezialisiert auf die Abfüllung von zähflüssigen Lebensmitteln, hat großes Interesse bei potenziellen Investoren geweckt. Der M&A-Berater WAYES ist mit der Investorensuche betraut und zeigt sich optimistisch über den Fortbestand des Unternehmens. 🏚️
🏥 Gesundheitssektor kämpft – Krankenhäuser unter finanziellen Engpässen
Der Gesundheitssektor bleibt ebenfalls stark unter Druck. Besonders betroffen ist das Johanniter-Krankenhaus in Geesthacht, das Insolvenz beantragen musste. Das Krankenhaus, das jährlich rund 30.000 Patienten betreut, sieht sich aufgrund chronischer Unterfinanzierung gezwungen, die Sanierung einzuleiten. Neben dem Krankenhaus sind auch die Geriatrieklinik, das Seniorenzentrum und das medizinische Versorgungszentrum von der Insolvenz betroffen. Trotz der finanziellen Probleme läuft der Betrieb vorerst weiter, und Stadt sowie Politik suchen nach langfristigen Lösungen, um den Standort zu erhalten.
Ein weiteres großes Thema in dieser Woche war die finanzielle Schieflage von Krankenhäusern in Bayern. Laut der Augsburger Allgemeinen schreiben derzeit die meisten bayerischen Krankenhäuser rote Zahlen, was auf gedeckelte Behandlungskosten und steigende Betriebskosten zurückzuführen ist. Die Landesregierung plant daher ein Rettungspaket, um Insolvenzen und Schließungen zu verhindern. Gleichzeitig wird gefordert, dass der Bund Soforthilfen bereitstellt, um die medizinische Versorgung langfristig zu sichern. 💉
⚖️ Neue Entwicklungen im Insolvenzrecht – Chancen für Anleger?
Auf rechtlicher Ebene könnte ein Urteil des Oberlandesgerichts München im Fall Wirecard weitreichende Folgen haben. Erstmals gibt es Hoffnung für Wirecard-Aktionäre, die im Insolvenzverfahren gleichberechtigt mit klassischen Gläubigern behandelt werden könnten. Hintergrund ist der Fall von Union Investment, die durch falsche Bilanzen von Wirecard getäuscht wurden. Sollte der Bundesgerichtshof dieses Urteil bestätigen, müssten Banken und andere Gläubiger ihre Forderungen mit den Aktionären teilen, was die Rückzahlungen erheblich reduzieren könnte. Diese Entscheidung könnte eine Wende im Umgang mit geschädigten Aktionären in Insolvenzverfahren bedeuten. 📜
Eine interessante Entwicklung zeigt sich auch im Bereich des StaRUG-Verfahrens. Unternehmen wie der Batteriehersteller Varta nutzen dieses Verfahren, um sich vor der Insolvenz zu schützen. Das StaRUG ermöglicht eine Sanierung ohne den Einschluss eines Insolvenzrichters, allerdings häufig zulasten der Aktionäre, die ihre Anteile nahezu vollständig verlieren. So sicherte sich Varta durch einen Schuldenschnitt und neue Aufträge, unter anderem von Apple, frisches Kapital, was dem Unternehmen den Weg in die Zukunft ebnen könnte. 🏦
📰 Medienbranche im Umbruch – Insolvenzen und Neuausrichtungen
Auch die Medienbranche bleibt von Insolvenzen nicht verschont. Der Regionalsender Rhein-Neckar-Fernsehen (RNF) musste erneut Insolvenz anmelden, nachdem fehlende Werbeumsätze trotz steigender Zuschauerzahlen seit 2021 zu finanziellen Engpässen geführt hatten. Dies ist bereits die vierte Insolvenz des Senders. Manfred Lautenschläger, der Hauptgesellschafter, hatte sich kürzlich zurückgezogen, was die finanzielle Lage zusätzlich verschärfte. Der Betrieb soll dennoch vorerst weiterlaufen, während Insolvenzverwalter Henrik Schmoll eine langfristige Lösung sucht.
Ein weiteres prominentes Beispiel aus der Medienwelt ist die Print Trading GmbH & Co. KG, vormals Heidenreich Print, die ihre Insolvenz bekanntgab und die Druckproduktion zum 30. September 2024 einstellen wird. Nach massiven Einbrüchen während der Pandemie konzentrierte sich das Unternehmen auf die Wellpappindustrie, konnte aber die Überkapazitäten im Offsetdruck nicht mehr ausgleichen. Die verbliebenen 15 Mitarbeiter werden voraussichtlich keinen Sozialplan erhalten, was die schwierige Lage in der Druckbranche weiter verdeutlicht. 📉
💼 Chancen in der Krise – Restrukturierungsmodelle im Fokus
Nicht alle Nachrichten sind negativ: Inmitten der Krise finden einige Unternehmen Wege, sich erfolgreich neu aufzustellen. So hat Dominik Benner, CEO der Platform Group (TPG), gezeigt, wie profitables Wachstum im E-Commerce möglich ist. Mit einer aggressiven Expansionsstrategie und der Übernahme von Nischenunternehmen hat TPG ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2024 auf 231,5 Millionen Euro gesteigert. Trotz dieser Erfolge warnen Kritiker vor der Nachhaltigkeit dieses Geschäftsmodells.
Auch Aurelius-Gründer Dirk Markus steht in der Kritik, da er sich zunehmend von der börsennotierten Tochtergesellschaft AEO abwendet und viele Investoren verärgert zurücklässt. Seine Beteiligungsfirma verfolgt jedoch weiter den Plan, Unternehmen in Schwierigkeiten aufzukaufen und gewinnbringend umzustrukturieren.
Positiv hervorzuheben ist auch die Übernahme von Helvoet Rubber & Plastic Technologies durch RF Duroplast, ein Unternehmen der Gunzenhausener RF Gruppe. Helvoet war aufgrund geringer Auslastung und hoher Energiekosten in die Insolvenz geraten, doch durch die Übernahme bleibt der Standort Gilching erhalten, und 42 Arbeitsplätze sind gesichert. 📈
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📊 Schlüsselthemen der Woche:
• Insolvenzen in der Automobilbranche – Zulieferer kämpfen mit wirtschaftlichen Herausforderungen.
• Restrukturierungen im Immobiliensektor – Signa, Baywa und Co. versuchen, die Krise zu meistern.
• Krisenbewältigung im Gesundheitswesen – Krankenhäuser stehen unter enormem Druck.
• StaRUG-Verfahren als Rettungsanker – Ein umstrittenes Instrument, das Unternehmen vor der Insolvenz bewahren soll.
• Neue Entwicklungen im Insolvenzrecht – Hoffnung für geschädigte Wirecard-Aktionäre.
Admin - 08:01:32 | Kommentar hinzufügen
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